Kindergartengebühren: Warum wir nicht können, wie wir wollen
Die Gebühren in den vier Kindergärten Glashüttens werden zum 1.1.2017 kräftig ansteigen. Dagegen protestieren viele Eltern, und zwar mit guten Argumenten, die allesamt richtig und nachvollziehbar sind:
- Alle Kinder sollen von der frühkindlichen Bildung profitieren.
- Familien sollen entlastet werden. Der Kindergarten muss bezahlbar sein.
- Glashütten soll eine kinderfreundliche Gemeinde bleiben. Junge Familien sollen in Glashütten bleiben, damit es nicht zu einem Bevölkerungsschwund kommt. (Mit den entsprechenden negativen Folgen für die Infrastruktur.)
- Niedrige Gebühren sind ein Beitrag zu mehr Chancengleichheit für Frauen, weil ihre Möglichkeiten zum Wiedereinstieg in den Beruf verbessert werden.
Wie ist die finanzielle Situation Glashüttens?
Die Kindergärten werden seit Jahren durch den Gemeindehaushalt hoch subventioniert, d.h. im Moment trägt die Gemeinde 60 % der Kosten, die kirchlichen Träger 11%, der Elternanteil beläuft sich auf 29%. In Zahlen ausgedrückt: Im Jahr 2016 wird die Gemeinde die Kindergärten mit ca. 900 000 Euro bezuschussen.
Für das Jahr 2017 treffen mehrere Dinge zusammen: Aufgrund der Tariferhöhungen werden die Erzieherinnen besser bezahlt – was ihnen von Herzen zu gönnen ist. Neue gesetzliche Vorgaben sehen einen verbesserten Personalschlüssel vor – auch das durchaus sinnvoll und unterstützenswert. Am dramatischsten aber ist, dass die Kommunalaufsicht vorschreibt, dass im Jahr 2017 ein ausgeglichener Haushaltsplan vorzulegen ist. Es darf kein Defizit entstehen! Die Gemeinde muss ihren Kostenanteil reduzieren.
Das zwingt die Verantwortlichen, den Elternanteil an der Finanzierung zu erhöhen – von 29% auf 33%. Selbst dann wird der Zuschuss aus dem Gemeindehaushalt sehr hoch sein, geplant sind 873.000 Euro.
Wie sich das in den Gebühren niederschlägt, ist im Moment noch nicht völlig klar. Das wird in der Sitzung der Gemeindevertretung am 9.12.2016 entschieden.
Was kann man tun?
Das Problem ist leider nur auf Landesebene lösbar. Die schwarz-grüne Regierungskoalition verweigert sich allerdings bisher allen Vorschlägen der SPD im Land, wie man schrittweise zu kostenfreien Kindergärten kommen kann.
Möglichkeiten hierzu gibt es: Die Neuregelung des Länderfinanzausgleichs bietet eine große Chance. (Die Bundesregierung hat der Neuregelung im Oktober 2016 zugestimmt. Die Länder gleichen ihren Reichtum und ihre Armut ab 2020 nicht mehr untereinander aus. Diese Aufgabe übernimmt der Bund.)
Der Regierungssprecher Michael Bußer verkündete Mitte Oktober, das Land Hessen spare aufgrund der neuen Regelungen der Länderfinanzausgleichs 500 Mill. pro Jahr (dpa 14.10.2016)
Das Land hat 351 Mill. an Rücklagen gebildet. Die SPD fordert eine deutlich bessere Ausstattung der Kommunen.
Obwohl Volker Bouffier im Landtagswahlkampf 2013 kostenfreie Kita-Plätze versprochen hat, ist davon jetzt nicht mehr die Rede. Der Ministerpräsident sollte bei jeder Gelegenheit an sein Wahlversprechen erinnert werden.
Die SPD fordert grundsätzlich gebührenfreie Kindergärten. Hierzu hat sie im September einen Gesetzesvorschlag im Hessischen Landtag eingebracht, der ein Stufenmodell vorsieht, in dem die finanzielle Belastung der Eltern schrittweise zurückgeschraubt wird. Dieser Gesetzesvorschlag wurde von Schwarz-Grün abgelehnt.
Aktuell bringt die SPD-Fraktion im Landtag Änderungsvorschläge für den Landeshaushalt 2016 ein, die Schritte in Richtung Abbau der Kindergartengebühren ermöglichen (mit Deckungsvorschlägen).
Bei der geplanten Reform der hessischen Verfassung besteht die SPD auf einem Passus, der gebührenfreie Bildung vom Kindergarten bis zur Universität garantiert.
Flyer: Warum wir nicht können wie wir wollen
19.10.2021 | pdf | 78.1 KB